Mein erster Nordic-Deich-(Ver)Lauf.
Pünktlich mit dem Startschuss fing es an zu regnen. (Ich schätze, der Startschussidiot-mann hat ein Loch in die Wolkendecke geschossen, anders ist das kaum erklärbar. War doch alles gut vorher.) Nach ungefähr 3 Minuten war ich durchnässt, fing an zu frieren und wollte wieder nach Hause. Aber ich hab mir natürlich keine Blöße gegeben sondern einen Zahn zugelegt, damit mir warm wird. Das war eine gute Idee was die Erhöhung der gefühlten Körpertemperatur betraf. Das war eine Scheißidee was meine geschwollenen Knöchel betraf. Das hab ich auch schnell eingesehen und wieder einen Gang zurückgeschraubt. Leider interessierte das die Schmerzen nicht, sie blieben, aber darauf konnte ich keine Rücksicht nehmen. Ich wollte unbedingt ins Ziel, und wenn es drei Tage dauert. Neben Regen, Kälte und Schmerz gab es noch eine Sache, die das Laufen nicht gerade angenehmer machte: hinter mir ein Mann und eine Frau (dass die beiden zum Organisationsteam gehörten und die Nachhut bilden sollten, erfuhr ich erst später). Sie lamentierte pausenlos über das schlechte Wetter. "Blöder Regen ... blöde Kälte ... ausgerechnet heute ... macht keinen Spaß zu Laufen ... könnte ja auch morgen ... werde ich nie wieder machen ... auch noch freiwillig, wie blöd ... die ganze Zeit so langsam laufen ... kann es nicht mal aufhören zu regnen? ..." Laber, laber, laber. Er schwieg und war vermutlich genauso genervt wie ich. Ich war kurz davor, mich umzudrehen und ihr zu sagen, sie solle sich doch einfach ein Taxi rufen und nach Hause fahren lassen. Mann, war die nervig! Ich war froh, als ich sie irgendwann weit hinter mir zurückgelassen hatte.
Nach etwa 2 Kilometern hörte die Beschilderung auf. Hm. Merkwürdig. Aber gut, ich hatte die "Vorläufer" gut im Blick und die Nachzügler recht weit hinter mir. Ich laufe am liebsten allein. Dann muss ich mich nicht unterhalten, kann meinen Kopf frei laufen und ganz für mich die Umgebung genießen. Schön.
Dann wurde es unübersichtlich. Viele Bäume, viele Wegbiegungen und ich wurde allmählich langsamer. Ich konnte die anderen nur noch ab und zu sehen und musste höllisch aufpassen, sie nicht aus den Augen zu verlieren. Sehr anstrengend. Irgendwann waren sie weg. Na super, und jetzt? Wo lang? Ich beschloss, auf die Nachzügler zu warten und mit denen weiter zu laufen. Kamen aber keine Nachzügler. Rufen ist vielleicht eine gute Idee, dachte ich mir. Ich rief, aber niemand antwortete. Bea allein im Wald.
Blöde Situation:
ich wusste weder wo ich war noch wo ich hin musste, hatte weder Handy noch Geld dabei. Ich wurde nervös und wusste nicht, was ich machen soll. Hier bleiben und warten (und hoffen), dass mich jemand sucht und findet? Weiterlaufen mit dem Risiko, dass mich zwar jemand sucht, aber nicht findet, weil ich die Laufstrecke verlassen hatte? Ist vielleicht lächerlich, aber ich war kurz vor Heulen. Inzwischen war die Sonne rausgekommen, ich schwitzte wie Sau, meine Füße waren dick wie Pampelmusen, ich hatte Durst. Aber Aufgeben gibt es nicht, also lief ich erstmal völlig orientierungslos weiter durch die Wallachei.
Dann sah ich Häuser. Wo Häuser sind, da sind auch Menschen. Ich bin nicht allein. Sehr beruhigend! An einer Bushaltestelle sah ich mir den Fahrplan an (nein, ich wollte natürlich nicht mit dem Bus fahren, ich hatte ja auch gar kein Geld dabei) und wusste zumindest schonmal, dass ich in Schilksee gelandet war. Das bedeutete, dass ich die Hälfte der Strecke geschafft hatte und notfalls den gleichen Weg wieder zurück gehen könnte. Ich hatte großen Durst, aber wie schon erwähnt, keinen Cent in der Tasche. Aber ich wusste, dass es in Schilksee eine Verpflegungsstation geben soll. Nur wo? Ich fragte ein paar Leute auf der Straße, aber niemand konnte mir helfen. Ich fand die Station dann trotzdem und was mich besonders freute: zwei Läuferinnen aus unserer Gruppe und das "Nachhut-Pärchen" waren auch da. Dann konnte ja jetzt nix mehr schief gehen. Dachte ich.
Nachdem ich ein bisschen Wasser (wer mich kennt, weiß, dass ich SEHR durstig gewesen sein muss!) getrunken und eine halbe Banane gegessen hatte, gings weiter. Jetzt war alles gut. Wir hatten schließlich kompetente Routenführer bei uns. Oder etwa nich? Die beiden hatte zwar einen Streckenplan, konnten den aber entweder nicht lesen oder haben ihn nicht verstanden oder beides. Alle paar Meter blieben sie stehen, guckten auf den Plan und diskutierten dann, wo es denn nun lang geht. Von den anderen beiden erfuhr ich, dass sie sich mit den beiden bereits vorher verlaufen hatten. Und mit "ihr" sei nicht zu spaßen, den ganzen Weg lang sei sie nur am rummeckern, weil eben alles Scheiße is: das Wetter, die Strecke und das allerschlimmste von allem: dass sie so langsam laufen müsse. Laber, laber, laber.
Irgendwann erreichten wir das Ziel und ich möchte lieber nicht wissen, wie viele Kilometer Umweg/Irrweg/Mehrweg ich gelaufen bin.
Was lerne ich daraus?
1. Niemals mehr ohne Handy!
2. Niemals mehr ohne Geld!
3. Niemals mehr ohne Trinken!
und
4. Wenn möglich immer mit Streckenplan.
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Mein Kommentar bei www2.your-sports.com:
29.05.2010 08:56:14 |
Bea Wüst, Kiel: Schlechte Organisiation! |
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Wenn man nicht zu den Nordic-Walkern gehörte, die vorneweg liefen, hatte man schlechte Karten.
Schon nach kurzer Zeit gab es keine Beschilderung mehr.
Streckenposten gab es auch keine. (Doch, einen einzigen, etwa 400 Meter vor dem Ziel. Aber der war völlig sinnlos positioniert, weil da gabs dann bereits wieder eine Beschilderung.)
Nachdem ich den Anschluss an die Gruppenspitze verloren hatte, wartete ich vergeblich auf die nachfolgenden Läufer. Die hatten einen anderen Weg eingeschlagen, da die "Nachhut" sich offensichtlich selbst nicht auskannte und die Nachzüglergruppe sich dann, so wie ich, verlaufen hatte.
Auf Rufen reagierte niemand. (Hätte ich mich verletzt oder andere gesundheitliche Probleme gehabt, niemand hätte mich finden können und wohl auch erstmal nicht vermisst, weil kein Streckenposten da war.)
Irgendwann traf ich zum Glück zufällig auf die Nachzüglergruppe.
Die Dame und der Herr, die die Nachhut bildeten, hatten zwar einen Streckenplan, konnten den aber wohl nicht lesen und wussten selbst nicht so recht, wo der richtige Weg war. So kamen wir dann nach über 2 Stunden (!!!) endlich ans Ziel.
Das einzige Positive war die Strecke an sich. Abwechslungsreich und schön zu laufen.
Im nächsten Jahr werde ich noch einmal mitlaufen. Vielleicht ist das Ganze dann besser organisiert.
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Vielleicht hilfts ja. |